Trauer
Seit er/sie nicht mehr da ist…
Die Nachricht hat Sie wie ein Schlag ins Gesicht getroffen. Sie sind völlig vor den Kopf gestoßen und haben nur einen Gedanken „Das kann doch gar nicht sein!“ Die hier zusammengestellten Aussagen gelten Ihnen. Denn Ihnen wurde durch den Unfall der Ehepartner, ein Elternteil, der Freund, die Freundin, der Bruder, die Schwester, ein Kind geraubt. Ihnen wurde das Wertvollste genommen, und Sie finden nirgendwo Antworten. Ihre ganze Welt kreist nur noch um Gedanken wie „Wie ist das nur möglich?“, „Das ergibt doch keinen Sinn“, „Wenn ich nur X getan hätte, wäre er/sie vielleicht noch da“, „Das ist nicht gerecht, er/sie hatte doch noch so viele Pläne“, „Ich verstehe es einfach nicht“, „Ich habe mich nicht einmal von ihm/ihr verabschieden können, konnte ihm/ihr nicht mehr sagen, wie sehr ich ihn/sie liebe“. Sie finden keine Worte, um diesen Verlust zum Ausdruck zu bringen. Einige dieser Aussagen spiegeln vielleicht Ihr eigenes Empfinden wider, können Ihnen Trost spenden oder Ihnen helfen, erste Antworten in diesem emotionalen Wirrwarr zu finden.
Die Nachricht hat in Ihrem Herzen eine klaffende Wunde hinterlassen. Es ist schwer, irgendetwas anderes als den Schmerz zu spüren, der Sie tagtäglich übermannt. Diesen Schmerz, der Sie begleitet und all Ihr Handeln und Denken lähmt. Der Kummer ist so allumfassend, dass selbst so grundlegende Tätigkeiten wie Einkäufe machen eine ungeheure Belastung darstellen. Sie können womöglich an gar nichts anderes mehr denken als an diese Person, die Ihnen so sehr fehlt, und an die Umstände des Unfalls.
Tränen sind notwendig. So sehr sie auch schmerzen, wirken sie doch auch befreiend. Um Ihren Ehepartner, Ihren Freund, Ihren Elternteil, Ihr Kind zu weinen, ist ein Recht, das niemand Ihnen nehmen kann. Gewähren Sie sich dieses Recht, und fühlen Sie sich dabei nicht schwach oder peinlich berührt. Was Sie gerade durchmachen, ist das Schlimmste, das Sie sich vorstellen konnten.
Am Horizont sehen Sie nur noch einen Ozean aus Schmerz, der schier unüberwindbar scheint. Das Fehlen der Person lähmt Sie. Es scheint Ihnen im Augenblick unmöglich, auch nur einen Schritt weiter zu gehen, so weiterzuleben, als wäre nichts gewesen. Einkaufen gehen, Essen zubereiten, sich um das Haus kümmern, Freunde treffen, Fernsehen – lauter Tätigkeiten, die Ihnen nun zu belastend oder unnütz vorkommen. Wie sollen Sie bloß die Kraft finden, voranzukommen? Wozu weitermachen, wenn er/sie nicht mehr da ist? Wozu soll das alles letzten Endes dienen?
Sie haben die Person verloren, die für Ihr Glück von zentraler Bedeutung war. Es ist völlig normal, angesichts dieses unvorhersehbaren und ungerechten Verlusts alles zu hinterfragen. Wie soll man je wieder glücklich sein, ohne diese Stütze im Leben, die diese Person doch war? Alle Zukunftsaussichten scheinen zerstört zu sein, was zu Ihrem Gefühl beiträgt, nicht mehr voranschreiten zu können.
Das Gewicht, das auf Ihnen lastet und Ihnen das Herz bricht, wird nach und nach durch die Unterstützung und die externe Hilfe leichter werden, sodass Sie jeden Tag einen kleinen Schritt weiterkommen. Natürlich heißt das nicht, dass Sie den geliebten Menschen vergessen – das ist unmöglich. Wenn die Last, der Schmerz, die Angst und der Kummer Sie weiterhin lähmen, obwohl schon viel Zeit vergangen ist, oder wenn Sie trüben Gedanken nachhängen, sollten Sie nicht allein bleiben und sich an einen Fachmann wenden.
Mit der geliebten Person haben Sie einen Teil von sich selbst verloren, Ihre Wurzeln, Ihren Stützpfeiler… Der/Die tagtäglich mit Ihnen durchs Leben ging, Ihr Sonnenschein, Ihre ganze Welt, Ihre Vertrauensperson… Er/Sie ist nicht mehr da, und seitdem ist alles leer. Seit er/sie nicht mehr da ist, hat sich in Ihnen ein Gefühl der Einsamkeit breitgemacht, obwohl Sie von lieben Menschen umgeben sind. Ihr Umfeld möchte Sie unterstützen und Sie zum Lächeln bringen – doch das Gefühl des Alleinseins bleibt. Sie haben möglicherweise den Eindruck, dass die Ihnen nahestehenden Personen das Ausmaß Ihres Schmerzes und Kummers nicht erfassen, und vielleicht würden Sie lieber gar nicht mit ihnen darüber reden. Umso mehr isolieren Sie sich, ob bewusst oder unbewusst.
Er/Sie ist nicht mehr an Ihrer Seite, aber die Erinnerungen bleiben für immer. Natürlich können diese Erinnerungen die Person nicht ersetzen, die Sie verloren haben, aber dadurch können Sie ihn/sie immer ein wenig in der Nähe behalten. Obwohl sie zunächst schmerzhaft sein mögen, können die Erinnerungen zu Inseln des Trosts werden, auf denen Sie wieder lächeln können.
Seit der Unfallnachricht gehen immer wieder dieselben Fragen in Ihrem Kopf umher, ohne jedoch eine Antwort zu finden: „Warum er/sie?“, „Wie konnte das nur geschehen?“, Was hat er/sie getan, um das zu verdienen?“ usw. Durch diese Fragestellungen werden möglicherweise Ihre ganzen Grundüberzeugungen über sich selbst, die Welt und die anderen Menschen erschüttert. Alles, was Sie zuvor glaubten, stimmt nicht mehr: Andere Menschen sind uns nicht unbedingt wohlgesonnen, man verdient nicht, was man bekommt, es gibt keine Gerechtigkeit, usw. Sie haben vielleicht das Gefühl, den Glauben verloren zu haben.
Auf emotionaler Ebene fühlen Sie sich überwältigt und wechseln von einem Gemütszustand zum nächsten, ohne die Verbindung unbedingt zu begreifen. Von der Wut über die Ungläubigkeit bis hin zum Kummer ist es schwierig, sich auf dieser emotionalen Achterbahnfahrt nicht überwältigt zu fühlen.
Die Person kümmerte sich vielleicht um Aufgaben und/oder Rollen, die Sie nun selbst übernehmen müssen. Ihr Ehepartner kümmerte sich vielleicht immer um die Rechnungen und die Versicherungen Ihres Haushalts. Seitdem er/sie nicht mehr da ist, müssen Sie sich allein um die Kinder kümmern, und alles bleibt im Alltag an Ihnen hängen. Sie haben vielleicht auch das Gefühl, gegenüber Ihren Kindern gleichzeitig die Rolle des Vaters und der Mutter übernehmen zu müssen… Es ist schwierig, alles unter einen Hut zu bringen. Bitten Sie ruhig in Ihrem Umfeld um Hilfe bei der Bewältigung der neuen Aufgaben.
Zusammen mit ihm/ihr haben sich auch die gemeinsamen Projekte in Luft aufgelöst. Mit diesem Gefühl, ohne ihn/sie verloren zu sein, schaffen Sie nur kleine Schritte – wie könnten Sie da überhaupt daran denken, ohne ihn/sie Projekte umzusetzen oder gar neue ins Auge zu fassen?
Lauter Bezugspunkte, die ohne ihn/sie verschwunden sind… aber vielleicht sind doch noch einige vorhanden oder tauchen neue auf? Neue Projekte zeichnen sich am Horizont ab, zu Ihrer größten Überraschung…
Der Unfall ist ungerecht, er trifft Sie mit voller Wucht, und in Ihrem Herzen und Ihrem Verstand tobt rasender Zorn auf sich selbst, auf die geliebte Person und auf den anderen Fahrer, auf die ganze Welt. Warum musste das Leben Ihnen Ihren Ehepartner, Ihr Kind, Ihr Elternteil, Ihren Freund, Ihre Freundin rauben? Er/Sie hatte doch nichts getan, um das zu verdienen! Warum hat er/sie dieses Risiko auf sich genommen? Warum habe ich ihn/sie fahren lassen? Warum ist der andere Fahrer so gefahren?
Es ist nicht gerecht, und Ihnen schnürt ein tief empfundener Ekel vor dem Leben die Kehle zu. Sie haben den Glauben an die Justiz verloren, die Ihnen nach dem Urteil oder den Gerichtsverfahren, die der Unfall nach sich zieht, altmodisch und unlogisch erscheint. Und sowieso: Was könnte ihn/sie zurückbringen? Oder was könnte aufwiegen, welchen Wert er/sie für Sie hatte?
Nach dem Unfall fühlen Sie sich vielleicht von seiner/ihrer Familie oder von der Justiz aufgrund Ihrer Rechtsstellung nicht ausreichend anerkannt. Sie waren erst seit Kurzem der Partner, Sie waren nicht verheiratet und wohnten nicht gesetzlich zusammen, Sie waren die Schwiegermutter/der Schwiegervater dieses Kindes, und daher gehören Sie in den Augen der Gesellschaft nicht wirklich zum inneren Kreis – so bleiben Sie mit Ihrer Verbitterung allein. Dabei sind Sie doch berechtigt, Leid und Sorge zu verspüren. Sie waren nicht „nur“ diese Person, sondern jemand, der den geliebten Menschen im Alltag begleitete.
Sie sind vielleicht wütend oder gehemmt wegen der Rolle, die Ihr Angehöriger bei dem Unfall gespielt hat. Er hat vielleicht zum Entstehen des Unfalls beigetragen, indem er sich unangemessen verhalten (überhöhte Geschwindigkeit, gefährliche Fahrweise, Alkohol am Steuer, Drogenkonsum, Telefon, usw.) und das Leben anderer Menschen aufs Spiel gesetzt hat. Sie denken vielleicht, dass er zu seinem eigenen Ableben beigetragen hat. Er/Sie hat niemals sein/ihr Leben oder das einer anderen Person aufs Spiel setzen wollen – obwohl das anfängliche Verhalten beabsichtigt war, war es die Folge sicherlich nicht.
Wo auch immer die Ursache für Ihre Wut liegt, die erste Etappe besteht immer darin, sie nicht zu leugnen. Ist diese Wut nicht das Ergebnis Ihres Kummers? Solange es sie gibt, erweist sie sich als notwendig… Sofern sie nicht übermächtig wird. Bringen Sie Ihre Wut zum Ausdruck, vorzugsweise in Ich-Sätzen („Ich bin bestürzt, weil ich mich so einsam fühle“) statt in Sätzen, die für Ihre Angehörigen verletzend sein können, was dazu führen würde, dass sie sich von Ihnen distanzieren. Beim Ausdruck Ihrer Wut bildet der Respekt des anderen die Grenze. Wenn Sie spüren, dass Sie Ihre Wut nicht mehr unter Kontrolle haben, sollten Sie dies als Hinweis darauf verstehen, dass Sie etwas tun sollten.
Seit diesem Tag hat sich ein riesiges Loch aufgetan, das Sie wie nebenbei verschlingt. Seitdem haben Sie nicht mehr den Eindruck, auf demselben Planeten zu leben. Der Planet, auf dem Sie leben, ist zurzeit menschenleer, da der Mensch, der Ihnen so lieb war, nicht mehr da ist. Die anderen Leute leben weiter, arbeiten, lachen, gehen ins Restaurant… Das Lachen der Kinder schallt in der Straße und im Park, doch sein/ihr Lachen ist in dieser Welt nicht mehr zu hören. Die Erde dreht sich ohne ihn/sie weiter, und Sie stehen im Abseits.
In dieser Welt stellen Sie nun Reaktionen und Verhaltensweisen fest, die Ihre Gefühle verstärken. Die einen treffen sich zu einer Familienfeier, was Ihnen nun verwehrt ist; andere beschweren sich über Ihre Familienmitglieder, dabei sollten sie sich glücklich schätzen, die Familienmitglieder in ihrer Nähe zu haben. Dies alles trägt zu ihrer Verbitterung bei.
Alle gehen ihren Weg einfach weiter, aber Sie fühlen sich nie wieder sicher, Sie haben das Vertrauen in das Wohlwollen anderer Menschen verloren oder haben den Eindruck, dass sich jederzeit ein weiteres Drama ereignen könnte und dass Sie keinerlei Einfluss mehr darauf haben, was geschehen kann. Sie haben vielleicht den Eindruck, den Kopf zu verlieren, seit dem Unfall wie taub zu sein, das eigene Leben als Zuschauer zu betrachten… Wie können Sie sich ohne Heuchelei wieder in dieser Welt zurechtfinden?
Als würde er/sie eines Tages wiederkommen, bügeln Sie seine/ihre Sachen, legen Sie ein Gedeck für ihn/sie auf den Tisch, räumen Sie sein/ihr Zimmer auf, warten Sie zur üblichen Stunde auf seine/ihre Heimkehr usw. Rational ist Ihnen bewusst, dass er/sie nicht zurückkommen wird, aber irgendetwas in Ihnen flüstert Ihnen ein, dass das unmöglich ist, dass er/sie nicht einfach so weg sein kann, von heute auf morgen, ohne sich verabschieden zu können, mit all seinen/ihren Zukunftsplänen. Die Abwesenheit ist so schmerzhaft, dass sie unwirklich wird.
Warten, ja – aber worauf? Sie warten vielleicht darauf, dass irgendetwas Sie wieder leben lässt, da das Leben seit dem Unfall völlig uninteressant, fad, trist und leer ist. Doch das Interesse am Leben flammt nicht von selbst wieder auf, es muss stimuliert werden… Sie haben bereits verschiedene Prüfungen durchlebt, doch noch nie eine wie diese. Obwohl Sie sich nicht in der Lage sehen, weiterzumachen, schaffen Sie es doch und ganz allmählich wird das Leben wieder bunter. Und wer weiß, eines Tages werden Sie erstaunt feststellen, welchen Weg Sie zurückgelegt haben…
Alles tun, alles denken, alles geben… alles, damit die geliebte Person wiederkehrt. Das kann doch gar nicht sein, er/sie muss doch noch da sein! Sie suchen Zeichen, die bestätigen, dass er/sie noch da ist; manchmal glauben Sie sogar, seine/ihre Anwesenheit zu spüren. Aus Angst davor, verurteilt zu werden, halten Sie dieses Gefühl aber lieber für sich. Dabei ist dies gar nicht Anormales, denn viele Personen haben diese Gefühle bereits bestätigt, unabhängig von ihren Überzeugungen.
Um ihn/sie weiterhin in Ihrer Nähe zu spüren, behalten Sie seine/ihre Kleidung, die Sie vielleicht tragen; sein/ihr Zimmer bleibt unangetastet, Sie schnuppern sein/ihr Parfum, usw. Sie schwelgen in Erinnerungen, die Ihnen eine Zeit lang als Quelle des Trosts dienen. Nach einiger Zeit wird der Kontakt mit diesen Sachen oder das Auftauchen aus diesen Erinnerungen mehr als schmerzhaft; dies deutet vielleicht darauf hin, dass sie nicht mehr so gut als Quelle von Trost funktionieren…
Manchmal ist der Wunsch, in Kontakt zu stehen, so stark, dass Sie Verhaltensweisen des verlorenen lieben Menschen übernehmen: rauchen, zu schnell fahren, einen Tick, den er/sie hatte, usw. Die Grenze wird hauchdünn, und Sie haben den Eindruck, dass Sie fühlen, was er/sie fühlte, in einer Art geistiger Verbundenheit. Doch hätte diese Person gewünscht, dass Sie Dinge tun, die nicht zu Ihnen passen und die Ihnen nichts geben?
Vielleicht verlieren Sie sich so tief in dieser Suche, dass Sie wertvolle Augenblicke mit anderen Menschen in Ihrer Umgebung versäumen. Letztlich ist diese Suche „nutzlos“, denn er/sie wird immer bei Ihnen sein, solange Sie ihn/sie lieben.
Sie schämen sich dafür, wie Sie bei der Nachricht über den Todesfall reagiert haben. Vielleicht haben Sie gar keine Reaktion gezeigt, sind völlig erstarrt, ohne Tränen, ohne ein Wort zu sagen. Vielleicht sind Sie aber auch voller Zorn explodiert und haben die Polizeibeamten/Beteiligten beleidigt. Sie schämen sich, weil Sie den Eindruck haben, dass Ihre Reaktion unangebracht war oder nicht den Schmerz Ihres Verlusts zum Ausdruck brachte. „Ich habe nicht einmal geweint!“ Allerdings gibt es keine „gute“ Reaktion – jede Reaktion entspricht dem Schock der Nachricht. Die Beteiligten wissen das und sind sich der Tatsache bewusst, dass Sie Ihren Schmerz zum Ausdruck brachten, indem Sie erstarrt sind.
Bei einem Gespräch zu weinen, bei Freunden, auf der Straße oder im Bus zu weinen, sollte niemals Grund sein, sich zu schämen. Ihre Freunde und Ihre Familienangehörigen verstehen das, und das ist, was zählt. Vergessen Sie nicht, dass das Schamgefühl häufig darauf zurückzuführen ist, wie wir denken, dass andere Menschen uns sehen – und nicht darauf, wie sie uns wirklich sehen.
Ihr ganzes Wesen war nur noch unerträglicher Schmerz, die Emotionen waren viel zu intensiv, um sie einfach zu verarbeiten – und nun fühlen Sie sich nur noch leer. Keine Emotionen mehr, keine Empfindungen mehr, als wären Sie ausgehöhlt.
Sie haben sich vielleicht in die Arbeit gestürzt, in sehr geschäftige Aufgaben, die Ihnen gar keine Zeit zum Nachdenken ließen. Außerdem mussten direkt nach der Nachricht die ganzen Bestattungs- und Gerichtsvorgänge erledigt werden. Diese Hyperaktivität, die zu Beginn noch freiwillig war, hat sich verselbständigt, und so war es Ihnen möglich, sich nicht von den Emotionen überwältigen zu lassen, die aus Gewohnheit nun nicht mehr auftauchen.
Die Furcht, den Tsunami der Emotionen kommen zu lassen und ihn nicht kontrollieren zu können, hat sich in Ihnen eingenistet. Was, wenn es Ihnen den Verstand raubt, diese Emotionen aufkommen zu lassen? In dieser freiwilligen oder unfreiwilligen „Einkapselung“ finden Sie sich nicht wieder und haben vielleicht den Eindruck, dass irgendetwas nicht stimmt. So können Sie auf Dauer nicht funktionieren, das wissen Sie. Der Schmerz geht nicht weg, wenn man ihn verdrängt – ganz im Gegenteil. Und Sie verdrängen nicht nur den Schmerz, sondern berauben sich auch der Möglichkeit, andere positive Empfindungen wie Freude zu spüren, so flüchtig sie auch sein mögen. Denn Sie haben das Recht, zu lächeln, zu lachen, zu fühlen, dass das Leben lebenswert ist, und sei es nur für einen kurzen Augenblick.
Ihrer Trauer (so heftig sie auch sein mag) freien Lauf zu lassen, bedeutet nicht, dass dies zu einer Depression oder gar einer neuen Lebensweise führen wird. Tränen können zu Wohlbefinden und Entspannung führen. Niemand außer Ihnen selbst verlangt von Ihnen, stark und mutig zu sein. Stark zu sein, heißt das nicht auch, Dinge spüren zu können? Wenn es zu schwer ist, offen darüber zu reden, finden Sie vielleicht eine kreative Alternative, um Ihre Emotionen auszudrücken. Vielleicht benötigen Sie eine externe Hilfe, um wieder zu sich selbst zu finden….
Seit der Nachricht stellen Sie sich Fragen zu den Umständen des Unfalls und/oder zu den letzten Augenblicken im Leben Ihres Angehörigen. Sie erhalten vermutlich nur lückenhafte Informationen, die von Ihrer Vorstellungskraft ergänzt werden, indem Sie sich verschiedene Szenarien vorstellen, eins schmerzvoller als das andere. Sie haben Ihren Angehörigen vielleicht bei der letzten Ehrerbietung gesehen und werden die Bilder seitdem nicht mehr los.
Vielleicht wurde der Unfall in den Medien aufgegriffen, es wurden verschiedene Presseartikel auf den sozialen Netzwerken geteilt, in denen unterschiedliche Informationen verbreitet wurden. Wem soll man glauben? Durch all dies gewinnen Sie den Eindruck, dass Sie vor lauter Puzzlestücken stehen, die nicht zueinander passen, die Sie aber unbedingt zusammenfügen müssen. Es ist stärker als Sie… Die Medienberichterstattung ist manchmal wirklich schmerzhaft: Hierdurch werden Sie erneut mit den Bildern des Unfalls konfrontiert, die Sie aus Ihren Gedanken vertreiben möchten.
Es ist menschlich, das rekonstruieren zu wollen, was wir nicht begreifen und was keine innere Logik hat. Wenn aber diese Bilder und Szenarien zu viel Raum einnehmen, wenn sie Sie nachts heimsuchen und Sie daran hindern zu leben, ist dies vielleicht ein Zeichen dafür, dass Sie Hilfe benötigen.
Die Bezugspunkte brechen weg, die Angst, ohne ihn/sie zu leben, ja sogar Panik wegen seines/ihres Fehlens gewinnt die Oberhand. Sie machen sie vielleicht Gedanken und haben Vorstellungen, die zu Ihrer Verzweiflung beitragen: „Ich werde nie wieder geliebt werden“, „Ich war als Mutter/Vater nicht gut genug“, „Ich komme nicht darüber hinweg“… Wer soll Sie beruhigen, nun, da er/sie nicht mehr da ist?
Die Angst rührt vielleicht auch von den Aufgaben, die Sie sich selbst auferlegen: sein/ihr Gedächtnis in Ehren halten, indem die Gerichtsverfahren ordentlich zum Abschluss gebracht werden; ein möglichst guter Elternteil für Ihr Kind sein, das nun ja nur noch einen Elternteil hat, usw. Welch gewaltiges Gewicht Sie auf zwei Schultern tragen wollen!
Alle diese neuen Aufgaben, die Sie bewältigen müssen, seit sie/er nicht mehr da ist, beunruhigen Sie. Sie haben den Eindruck, das nicht schaffen zu können. Aber Sie können das. Niemand verlangt von Ihnen, perfekt zu sein oder alles auf einmal zu erledigen. Nach und nach schaffen Sie es, und in der ersten Zeit können Sie Ihr Umfeld um Hilfe bitten.
Anfänglich ist Ängstlichkeit durchaus normal, wenn diese aber zu einer lähmenden Angst wird, die wiederholt zu Panikausbrüchen führt, können mehrere Methoden Ihnen helfen, besser damit umzugehen.
Als Sie die Nachricht erhalten haben, ist die Uhr stehengeblieben. Zeit ist vergangen, 3, 6, 9 Monate oder noch länger, aber Sie haben immer noch den Eindruck, als wäre heute der Tag, an dem Ihre Welt aus den Fugen geraten ist. Die Jahreszeiten gehen vorbei, und doch ist es, als hätte sich nichts bewegt – genau wie Ihre Trauer. Sie haben den Eindruck, aus der Ferne den Anfang dieses Weges zu sehen, aber Sie schaffen es nicht, den Weg zu beschreiten. Als warteten Sie auf… Ja, worauf?
Natürlich wissen Sie, dass die Tage, Monate, Jahre vergangen sind, aber Sie haben sozusagen auf Autopilot geschaltet und/oder haben den Eindruck, niemals aus Ihrer Erstarrung hinausgekommen zu sein. Es ist niemals einfach, allein aus diesem dichten Nebel hinauszufinden…
Vielleicht hat sich etwas anderes seit seinem/ihrem Verschwinden auch nicht verändert: sein/ihr Zimmer, das Haus, der Kleiderschrank mit seiner/ihrer Kleidung… Nach einer gewissen Zeit finden Sie keinen Trost mehr darin, diese Dinge zu sehen. Im Gegenteil, dies belastet Sie und erinnert Sie nur daran, wie sehr er/sie Ihnen fehlt. Halten Sie trotz der Realität an dem geliebten Menschen fest? Vielleicht ist dies ein Zeichen, dass Sie nun der Zeit ihren Lauf lassen sollten, dass die Dinge sich ändern dürfen, dass Sie einen neuen Weg beschreiten sollten, dass Sie loslassen sollten. Denn es sind nur die materiellen Dinge, die vergehen, die Erinnerung bleibt. Die Liebe, die Sie ihm/ihr geschenkt haben, ist nicht an seine Sachen gebunden.
Schuldig, beim Unfall so reagiert zu haben (nicht helfen können, ihn/sie nicht wiederbeleben können, ihn/sie mit dem Motorrad haben wegfahren lassen…); schuldig, noch zu leben und er/sie nicht; schuldig, sich vor dem Unfall noch gestritten zu haben; schuldig, sein/ihr Gedächtnis nicht ausreichend zu ehren… Es gibt so viele Gründe, sich schuldig zu fühlen, und sie sind so erdrückend. Je mehr Sie zurückblicken, desto mehr Gründe für Ihre Schuldgefühle finden Sie.
Beim Unfall oder bei der Benachrichtigung waren Sie in einem völlig anderen emotionalen Zustand. Es ist nachträglich einfach, alle möglichen Lösungen/Reaktionen in Betracht zu ziehen, wenn man alle Zeit der Welt hat; vor allem aber vergisst man dabei, dass die Situation Ihnen nicht die Zeit zum Nachdenken ließ und dass sie Sie meilenweit aus der Bahn geworfen hat. Die Schuldgefühle lasten dann schwer auf Ihrem Gewissen, mit voller Wucht, getragen von unseren allzu oft irrigen Annahmen: „Es ist mein Fehler, weil ich dieses oder jenes gesagt habe“, „ich hätte ihn/sie in diesem Zustand nicht losfahren lassen dürfen“, usw. Sie verurteilen sich selber und bürden sich eine übermäßige Verantwortung auf, als wäre alles unter Ihrer Kontrolle gewesen… Ein Teil von Ihnen weiß dabei genau, dass diese Schuldgefühle irrational sind.
Und dann kommt möglicherweise noch das Schuldgefühl hinzu, die Zeit nicht genug genutzt zu haben, nicht genug gegeben, nicht genug geliebt zu haben… Natürlich kann man es immer noch besser machen, aber nach welchem Kriterium soll man bewerten, ob man genug geliebt und geschätzt hat? Im gleichen Sinne: Welche Richtlinie sagt Ihnen, dass Sie unentwegt weinen müssen, weil es ja sonst „nicht genug ist“? Zu weinen ist eine Art, den Verlust zu erleben – aber es ist nicht die einzige Art.
Und wenn Sie dann endlich den Wunsch verspüren, wieder voranzugehen, kommen wieder Schuldgefühle auf. Vorangehen heißt nicht vergessen oder illoyal zu sein, es heißt, dass Sie einen Platz für ihn/sie gefunden haben, dass er/sie ein Teil von Ihnen ist, der Sie im Alltag begleitet.
In jedem Fall sind Schuldgefühle normal, sie sind Zeuge Ihrer Menschlichkeit und Selbstkritik; sie dürfen jedoch nicht zu einem Klotz am Bein oder zu einer Art Selbstkasteiung ausarten…
Der Schmerz sollte nicht zu einer Lebensweise und nicht zu einer Identität werden. Extremes Leiden ist nicht notwendig, und Sie können aus dem Tal herauskommen. Natürlich ist es absolut normal, dass sein/ihr Verschwinden auch nach einem Jahr noch äußerst schmerzhaft ist. Genauso normal ist es, zeitweilig das Gefühl einer emotionalen Achterbahnfahrt zu haben, besonders an Geburts- und Jahrestagen, und nach einer Ruhepause auch wieder einen Rückschlag zu erleben. Einige Zeichen können jedoch darauf hindeuten, dass Ihre Trauer komplizierter wird.
- Aufdringliche Gedanken, ob durch etwas hervorgerufen werden, was Sie an den Unfall oder die Person erinnert, oder nicht. Albträume, in denen es um den Unfall und Ihren Angehörigen geht. Diese können sogar zu größeren Angstattacken führen, in denen Sie sich von allen Seiten bestürmt fühlen;
- Die Zeit vergeht, und doch weigern Sie sich, an sein/ihr Verschwinden zu glauben, er/sie muss doch noch irgendwo leben;
- Sie vermeiden alles, was Sie an den Unfall oder die Person erinnert (die Straße, einen Geruch, einen Raum, usw.), und dies wird zu einer Lebensweise (Personen, Einladungen, den Wagen usw. meiden);
- Ein Gefühl der Unsicherheit, das nicht weggeht, eine permanente Alarmbereitschaft;
- Verbitterung, Reizbarkeit im Alltag, Aggressivität oder auch bleibende Wut, die sich gegen Ihr Umfeld richtet;
- Ein Gefühl der Leere, der Eindruck, dass das Leben keinen Sinn mehr hat;
- Das wachsende Bedürfnis, ihn/sie wiederzusehen…
Das Vermeiden von allem, was an den Unfall erinnert, verschafft dem Gedächtnis zwar eine vorübergehende Ruhepause, doch die Gedanken und Bilder kommen immer wieder, und Sie sind von diesem Zustand der permanenten Wachsamkeit erschöpft. Der Teufelskreis schließt sich, und die Zeichen, die wir angeführt haben (und andere, die wir vielleicht nicht genannt haben), vermitteln Ihnen das Gefühl, verrückt zu werden oder den Verstand zu verlieren. Sie sind jedoch nicht verrückt, Sie reagieren nur auf den brutalen und sinnlosen Verlust…Sie können diese Anzeichen Fachleuten anvertrauen, die Ihnen gerne helfen.
Sie haben den Eindruck, dass Ihr Umfeld das Ausmaß Ihres Schmerzes nicht begreift. Im Laufe der Zeit hören Sie sogar aus Ihrem Umfeld, dass Sie sich damit abfinden und den Verlust annehmen sollen. Wie aber sollen Sie das Unannehmbare annehmen?
Ihre Angehörigen wissen nicht, was sie sagen oder tun sollen, um Ihnen zu helfen, Sie zu trösten. Sie befinden sich in einer unbehaglichen Lage, fühlen sich hilflos und wissen nicht, was tun. Dieses Unbehagen haben Sie vielleicht bemerkt, und um nicht damit konfrontiert zu werden, haben Sie mit einem „Es geht“ oder „Ist schon ok“ mit neutralem Gesichtsausdruck eine Fassade aufgebaut oder haben sich völlig isoliert. Das Gefühl, einsam und unverstanden zu sein, wird immer stärker.
Ihre Familie und Ihre Freunde sind Ihnen wohl gesonnen. Vielleicht brauchen sie ein klein wenig Hilfe, um Sie noch besser zu unterstützen. Dieses „Es geht“, das Sie sich als Fassade zugelegt haben, sagt Ihrem Umfeld, dass Sie nicht darüber reden möchten, genau wie Ihre Isolation in den Augen Ihres Umfelds bedeutet: „Ich habe das Bedürfnis, allein zu sein“. Zeigen Sie Ihre wahren Empfindungen, Ihre wahren Gemütszustände – das hilft Ihrer Umgebung, zu verstehen, und es hilft auch Ihnen. Emotionen bringen manchmal mehr zum Ausdruck als Worte, die Ihnen angesichts Ihres Schmerzes fehlen. Versuchen Sie an einem ruhigen Ort, zu einem Zeitpunkt, an dem Sie nicht gestört werden, Ihre Erwartungen an Ihr Umfeld in Worte zu fassen: „Seit dem Unfall habe ich Angst vor dem Auto“, „Mir wäre es lieb, wenn du von selbst auf mich zukommst, wenn du bemerkst, dass ich mich abkapsele“, „Sprich vor allem weiter von ihm/ihr, rufe Erinnerungen an ihn/sie wach“, usw.
Manchmal gibt es Gedanken und Gefühle, die wir unseren Familienmitgliedern nicht anvertrauen möchten, insbesondere aus Angst vor deren Urteil. Doch diese Gedanken und Gefühle lasten schwer auf uns, und wir brauchen einen Raum, in dem wir sie ausdrücken können. Dieser Raum kann bei einem Fachmann oder beispielsweise in einer Gesprächsgruppe gefunden werden.
Ihr Gefühl der Sicherheit ist seit der Nachricht über den Tod zutiefst erschüttert, und die Flüchtigkeit des Lebens ist Ihnen schlagartig bewusst geworden: „Alles kann geschehen.“ Sie können sogar das Gefühl haben, das das nächste Drama schon im Anzug ist. Und was wäre wohl ein günstigerer Ort für ein solches Ereignis als der, an dem Sie Ihren Angehörigen verloren haben?
Das Auto/Motorrad ist mit dem schlimmsten Augenblick Ihres Lebens verknüpft. Am Steuer zu sitzen oder als Beifahrer im Auto zu sitzen, lässt Sie an den Tag zurückdenken, an dem Sie die Nachricht erhalten haben, oder an die Weise, wie der liebe Mensch von Ihnen gegangen ist. An Bord des Fahrzeugs haben Sie vielleicht sogar eine Woge der Angst verspürt. Seitdem ist es Ihnen nicht mehr möglich, ins Fahrzeug einzusteigen, oder Sie haben es nicht mehr versucht, aus Angst, sich erneut so elend zu fühlen. Sie meiden und vermeiden dieses Transportmittel so gut wie möglich, so sehr, dass es Sie im Alltag behindert und zu einem Teufelskreis wird: Je mehr Sie es vermeiden, desto weniger fühlen Sie sich in der Lage, eines Tages wieder einzusteigen.
Gehen Sie es Schritt für Schritt an, wenn Sie diesen Teufelskreis durchbrechen möchten. Sie sind keineswegs verpflichtet, sich direkt wieder ans Steuer zu setzen, und Sie brauchen das auch nicht alleine zu tun. Zum Beispiel: Setzen Sie sich zehn Minuten lang auf den Beifahrersitz in einem Wagen mit abgestelltem Motor, zusammen mit einer Vertrauensperson. Tun Sie dann dasselbe in einem Fahrzeug mit laufendem Motor, aber ohne zu fahren. Wenn Sie sich bereit fühlen, probieren Sie eine kurze Fahrt als Beifahrer mit dieser Vertrauensperson als Fahrer, usw. Es nützt nichts, die Dinge überhastet anzugehen. Gewöhnen Sie sich an Ihren Rhythmus, zähmen Sie das Fahrzeug von Neuem… Fachleute können Ihnen auch dabei helfen, Ihre Angst zu verstehen.
Ihre Kinder wurden ebenfalls vom Tod Ihres Angehörigen mehr oder weniger hart getroffen. Vielleicht fällt es Ihnen schwer, die richtigen Worte zu finden, um mit Ihnen zu reden. Das ist normal und zeigt Ihren Wunsch, es richtig zu tun. Am einfachsten ist es wohl, sie zu fragen, um zu erfahren, wie sie den Weggang dieser Person begreifen. Sagen Sie ihnen, dass sie darüber reden können, wann immer sie es wünschen. Schämen Sie sich nicht, mit Ihren Kindern über Ihre Gefühle zu reden, in ihren Augen rechtfertigt dies ihre eigenen Gefühle und dass sie darüber reden können…
Je nach Alter haben Kinder einen anderen Blick auf den Tod. Bis zum 5. Lebensjahr denkt das Kind, der Tod sei umkehrbar und dass es die Person wiedersehen wird. Danach begreift es nach und nach, dass der Tod nicht vorübergeht und dass er letztendlich jeden von uns ereilt. Mit ungefähr 8 Jahren hat das Kind definitiv verinnerlicht, was der Tod eines Menschen mit sich bringt. Vorzugsweise sollten Sie mit Ihren Kindern ehrlich sein und einfache Wörter benutzen: Die Person befindet sich nicht auf einer Reise, sie wird nicht wiederkehren, aber Sie sind für sie da.
Genau wie Sie können die Kinder verschiedene Gefühle durchleben: Kummer, Leugnen, Wut, Ungerechtigkeit, Schuldgefühl, Unverständnis, Gefühl des Verlassenseins, ja sogar „Gleichgültigkeit“… Für Sie ist es nicht einfach, die Kinder in diesen Gemütszuständen zu sehen, aber wer könnte besser als Sie verstehen, was sie durchmachen? Achten Sie jedoch auf bestimmte Warnsignale wie Albträume, Schlaflosigkeit, große Ängstlichkeit, Unruhe, wiederkehrende körperliche Beschwerden (z. B. Bauchschmerzen), rapide sinkende Schulnoten, Antriebslosigkeit, usw. Wenn diese Warnsignale andauern, benötigt Ihr Kind eventuell externe Hilfe. Das bedeutet keineswegs, dass Sie dem Kind nicht geben, was es braucht, im Gegenteil, Sie helfen ihm, indem Sie beispielsweise einen Fachmann zu Rate ziehen.
Wer kann mir helfen?
Diese Aufforderung ist ein Zeichen dafür, dass Ihre Angehörigen sich um Ihr Wohlergehen sorgen und dass sie bei Ihnen eine Belastung festgestellt haben. Sie möchten verständnisvoll agieren und Ihnen mit allen Mitteln helfen.
Nach einem Unfall einen Psychologen zu konsultieren, ist keineswegs eine Pflicht. Es wird nur empfohlen, darauf zu achten, was Sie erleben und wie es Ihnen geht. Ob in den Tagen nach dem Unfall oder erst Jahre später, es ist nie zu spät, einen Psychologen zu Rate zu ziehen, wenn Sie dies für hilfreich halten. Die Entscheidung liegt ganz bei Ihnen. Wenn Sie sich von Ihren Familienangehörigen dazu gedrängt fühlen, zum Psychologen zu gehen, sollten Sie das Gespräch mit ihnen suchen. Warum bestehen sie darauf? Haben sie etwas bemerkt, was sie beunruhigt? Wenn Sie miteinander reden, können Sie die Sorgen Ihrer Angehörigen verstehen und können Sie sie beruhigen.
Ein Psychologe und eine individuelle Beratung sind im Übrigen nicht die einzigen Optionen. Es gibt auch Gesprächsgruppen für Trauernde, für Personen, die mit chronischen Schmerzen leben, oder auch für Personen, die sich über das einschneidende Erlebnis austauschen möchten, das der Unfall in ihrem Leben darstellt.
Sie haben das Recht, eine Bresche in Ihren Schmerz zu schlagen und um Hilfe zu bitten, um wieder atmen zu können. Und zwar ganz gleich, wie viel Zeit seit dem Unfall vergangen ist – es gibt keine Richtlinie, wenn es um den Verlust eines geliebten Menschen geht. Indem Sie über Ihre Gefühle sprechen, Ihre Angst vor dem Wagen/Motorrad, ihre wiederkehrenden Albträume, Ihren Wunsch, ihn/ihr wieder nahe zu sein,… jemandem anvertrauen, werden Sie einen – zunächst winzig kleinen – Augenblick der Leichtigkeit erleben. Sie haben ein Anrecht auf Luft zum Atmen, es geht um Ihre Trauer um Ihren geliebten Angehörigen, nicht um Ihr Leben…
Sie haben das Recht, sich Momente zu gönnen, in denen Sie sich gut und im Einklang mit sich fühlen. Sie können Aktivitäten nachgehen, die Sie mögen und die Sie eine kurze Zeit lang an etwas anderes denken lassen. Zunächst fällt es Ihnen möglicherweise schwer, sich solche Augenblicke zu gönnen, da Sie gar nicht mehr den Willen, die Energie aufbringen. Schritt für Schritt, wohlwollend gegenüber sich selbst, werden Sie diese Lust wiederfinden, da Sie sie stimuliert haben.
Am kompliziertesten ist möglicherweise der erste Schritt, wenn es darum geht, Hilfe zu suchen und um Hilfe zu bitten. Die Psychologen unserer Abteilung hören Ihnen zu und bieten Ihnen Raum, können Sie aber auch bei der Suche nach Psychotherapeuten, die für Ihr Anforderungsprofil geeignet sind, unterstützen. Daneben gibt es Gesprächsgruppen und Vereinigungen, die in dieser Zeit voller Prüfungen eine echte Stütze bieten.
Einige weiterführende Links…
- https://www.lepsychologue.be/accueil/: Auf dieser Website finden Sie die Psychologen nach Region geordnet, samt einer Vorstellung ihrer Fachgebiete.
- Die Vereinigung PEVR (Parents d’enfants victimes de la route): https://www.pevr.be/
Diese Vereinigung organisiert regelmäßig Gesprächsgruppen für trauernde Eltern. - Die VoG Cancer & Psy organisiert Gesprächsgruppen für Erwachsene und Kinder, die einen Trauerfall durchleben.
https://canceretpsychologie.be/ - Mediante ist ein Dienst zur opferorientierten Vermittlung zwischen Opfern und Tätern: http://www.mediante.be/
- Die DGG (Dienste für geistige Gesundheit) in Ihrer Region: http://www.cresam.be/adresses-2/
- Der kostenlose Opferhilfsdienst oder der Sozialhilfedienst für Rechtsuchende in Ihrer Region: http://www.victimes.cfwb.be/ou-trouver-aide/services-aide-victimes/
Diese Liste ist natürlich nicht vollständig, es gibt noch viele weitere Hilfsangebote.
Es ist nicht immer einfach, sich in all den psychologischen Fachgebieten zurechtzufinden. Wenn Sie Fragen haben, wenn Sie in der Liste nicht die Hilfe finden, die Sie wünschen, sollten Sie nicht zögern, uns zu kontaktieren.